Grundsteuer-Bescheid vom Finanzamt. Für einige eine böse Überraschung mit hohen Kosten. Etliche Immobilien wurden nach der Reform deutlich höher bewertet. Verbände empfehlen, im Zweifel Einspruch einzulegen – und wollen selbst dagegen vorgehen! Droht eine Klagewelle?
Eine neue Berechnung der Grundsteuer in vielen Bundesländern führt zu einer Klagewelle gegen den Fiskus. Der Verfassungsrechtler Gregor Kirchhoff kommt in einer Studie im Auftrag des Steuerzahlerbunds und des Eigentümerverbands Haus und Grund zu dem Schluss, dass das Gesetz des Bundes, das in elf Ländern angewandt wird, verfassungswidrig ist. Die Verbände werden in fünf Bundesländern mit Musterklagen vor Gericht ziehen – in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Empfohlen wird den Eigentümern, Einspruch gegen die von den Finanzämtern bereits verschickten Bescheide zum Wert ihrer Immobilien einzulegen, die in den meisten Bundesländern Grundlage für die künftige Grundsteuer-Berechnung sind. Der Präsident des Steuerzahlerbunds, Reiner Holznagel, sagte: „Es ist offensichtlich, dass die neue Grundsteuer so nicht funktioniert und am Ende zu deutlichen Mehrbelastungen führt“. Ab 2025 soll die Grundsteuer neu berechnet werden. Nicht alle Länder müssen dabei gleiche Kriterien anwenden: Während die meisten das kritisierte Modell des Bundes nutzen, haben Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen und Niedersachsen eigene Berechnungsmethoden entwickelt.
Bodenrichtwerte, kaum zu vergleichen?
Die Reform der Grundsteuer hatte zur Folge, dass tausende Immobilienbesitzer bereits bei ihren Finanzämtern eine Erklärung mit Informationen zu ihrem Grundstück und Haus abgeben mussten. Fast 36 Millionen Immobilien müssen neu bewertet werden, doch die daraufhin festgelegten Bodenrichtwerte werden von Kirchhoff kritisiert. Er bemängelt, dass die Werte nicht vergleichbar sind, da beispielsweise die begehrte Wohnlage Wannsee in Berlin einen geringeren Richtwert erhalten hat als die weniger attraktive Lage Neukölln. Auch individuelle Umstände wie Denkmalschutz-Auflagen, Baumängel oder Altlasten wurden bei der Bewertung der Grundstücke nicht berücksichtigt. Kirchhoff ist der Ansicht, dass die Grundsteuer-Berechnung über den Bodenrichtwert generell problematisch ist und bevorzugt Modelle, die nur Fläche und Gebäudeart berücksichtigen.
Seit Einreichung der Unterlagen wurden etwa 15 bis 20 Millionen Steuerbescheide ausgestellt, wobei viele Eigentümer eine unangenehme Überraschung erlebten, da die Bodenrichtwerte oft deutlich höher als zuvor ausfielen. Holznagel zufolge gab es noch nie so viele besorgte Steuerzahler wie jetzt. Der Präsident von Haus und Grund, Kai Warnecke, berichtet sogar von einem »irrsinnigen Mitglieder-Zulauf«. Die Tatsache, dass es keine Angaben gibt, wie viel Grundsteuer ab 2025 tatsächlich zu zahlen ist, irritiert die Eigentümer sehr.
Allerdings wird dies noch eine Weile offenbleiben, da die Höhe der Grundsteuer stark von den Hebesätzen der Gemeinden abhängt, die erst kurzfristig festgelegt werden. Die Verbände warnen davor, dass es oft zu spät ist, sich gegen die Bescheide zu wehren, wenn die Hebesätze bereits festgelegt wurden. Daher appellieren sie an die elf Bundesländer, eigene, aus ihrer Sicht weniger angreifbare Methoden zur Berechnung der Grundsteuer zu entwickeln und sich vom Berechnungsmodell des Bundes zu lösen.

