Wenn die Wurzeln eines Baumes, der sich auf dem Nachbargrundstück befindet, Schäden verursachen, können die Geschädigten nur dann eine finanzielle Entschädigung verlangen, wenn sie die entstandenen Schäden tatsächlich behoben haben.
Ein Baum in Brandenburg, genauer gesagt eine Pappel, sorgt aufgrund seines expansiven Wurzelwerks für Unmut bei den Nachbarn. Der schnellwachsende Baum befindet sich in der Nähe der gemeinsamen Grundstücksgrenze und seine Wurzeln dringen in das Nachbargrundstück ein. Dadurch entstehen erhebliche Schäden in der Garageneinfahrt, da das Wurzelwerk die Pflastersteine anhebt.
Der Nachbar ist darüber verärgert und fordert den Besitzer der Pappel auf, den Baum zu fällen oder die eingedrungenen Wurzeln zu entfernen. Zudem verlangt er, dass der Baum mittels einer Wurzelsperre zukünftige Beeinträchtigungen verhindert. Erst während eines Gerichtsverfahrens zeigt sich der Nachbar kompromissbereit und erklärt sich unter der Bedingung einer behördlichen Genehmigung bereit, eine Wurzelsperre einzubauen. Allerdings ist bisher nichts geschehen, und das Pflaster bleibt weiterhin uneben.
Kein Anspruch auf einen Kostenvorschuss
Der geschädigte Nachbar hat beschlossen, selbst aktiv zu werden, und fordert daher von seinem untätigen Nachbarn eine Zahlung von 240 Euro netto für die Reparatur des Pflasters sowie 1.800 Euro netto für die Installation einer Wurzelsperre. Jedoch hat er mit seiner Klage keinen Erfolg, da er keinen Zahlungsanspruch gegen den Besitzer der Pappel hat, der auf irgendeiner rechtlichen Grundlage beruht.
Gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Nachbarn dazu verpflichtet, Störungen, die von einem Baum ausgehen, zu beseitigen. Allerdings ergibt sich daraus kein Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses für die noch ausstehenden Arbeiten. Der Anspruch zielt lediglich auf die Beseitigung der Störung ab.
Es kann auch kein Anspruch auf deliktischen Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 1 BGB angenommen werden, da der Nachbar nicht für das Überwachsen der Wurzeln verantwortlich ist. Ebenso besteht kein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass diese Bestimmung – entgegen einer weit verbreiteten Meinung – nicht auf den Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB anwendbar ist.
Wie der Geschädigte vorgehen muss
Der beeinträchtigte Grundstückseigentümer ist jedoch nicht schutzlos der bestehenden Situation ausgeliefert. Es stehen ihm zwei Möglichkeiten offen:
- Erstens kann der betroffene Nachbar die Störung selbst beseitigen und anschließend vom Besitzer der Pappel die entstandenen Kosten erstattet verlangen, gestützt auf den Grundsatz der „Geschäftsführung ohne Auftrag“ oder auf bereicherungsrechtlicher Grundlage.
- Möchte der Nachbar das mit der Vorfinanzierung verbundene Risiko nicht eingehen, kann er stattdessen auf der Grundlage von § 1004 Abs. 1 BGB Klage auf Beseitigung der Störung erheben und das Urteil anschließend durch Ersatzvornahme vollstrecken. Dabei kann er einen Kostenvorschuss verlangen und die Beseitigung der Störung vorfinanzieren.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Geschädigte von seinem Nachbarn nur dann eine finanzielle Entschädigung verlangen kann, wenn er die Schäden tatsächlich beseitigt hat.
(BGH-Urteil vom 23. März 2023 – V ZR 67/22)

